- Das Kriegerdenkmal am Siegener Krönchen

von Timo Lange

„Die Tat ist vergangen, die Denkmäler bleiben“, schrieb einst der römische Dichter Ovid. Zutreffender kann man es auch vom Kriegerdenkmal am Siegener Krönchen nicht sagen. Sind die Taten derjenigen Menschen, die einst in den Einigungskriegen kämpften und welchen dieses Denkmal gewidmet ist, doch Geschichte. Das Denkmal aber, das ihnen zu Ehren aufgestellt wurde, steht trotz des Feuersturms, der am Ende des 2. Weltkriegs Siegen verwüstete, noch immer.

Es war in den Jahren nach den Einigungskriegen (1864, 1866, 1870/1871), als überall in Deutschland Kriegerdenkmäler zu Ehren der gefallenen deutschen Soldaten aus dem Boden schossen. Auch die Bürger der Stadt Siegen wollten ihren Gefallenen ein Denkmal setzen. So begannen sie und sammelten durch Verlosungen, Kollekten, Spenden, Vortragsveranstaltungen und viele andere Festivitäten Geld, um das Monument Realität werden zu lassen. Schnell ging man nun daran, über dessen zukünftiges Aussehen zu diskutieren. Im dafür zuständigen Komitee war man zunächst einmal eher für ein Denkmal, das von einem Obelisken gekrönt wurde. Doch dieser Vorschlag war nicht endgültig, wollte man doch erst einmal die Vorschläge des mit dem Entwurf und später mit der Erschaffung der Statue beauftragten Bildhauers abwarten. Dieser, Prof. Friedrich Reusch, machte dann den Vorschlag der noch heute zu sehenden Germania-Statue. Die Skizze Reuschs und später ein Gipsabguss wurden im Rathaus ausgestellt, damit sich jedermann einen Eindruck davon machen konnte.

Im Frühjahr 1877 kam es zur Grundsteinlegung. In diesen wurde eine Kapsel eingefügt, in die man zahlreiche Dokumente aus der damaligen Zeit gesteckt hatte: so zum Beispiel ein Exemplar des „Seejerlänner Riimcher“ (hierbei muss es sich um eine Zeitschrift/Buch mit humoristischen Reimen in Siegerländer Mundart handeln), eine Liste der Bürgerschaft, die neuesten Nummern der in Siegen erscheinenden Zeitungen, einige Geldmünzen, darunter auch einen Siegestaler von 1871 und Proben von Eisenerz. Dazu auch noch eine Urkunde, auf der die Entstehungsgeschichte des Denkmals verzeichnet war. In den folgenden Monaten sollten die einzelnen Teile, die alle in Berlin, dem Wohnort Friedrich Reuschs, gefertigt wurden, nach Siegen transportiert werden, und die 33 Zentner schwere Germania-Statue konnte aufgestellt werden.

Am 6. August des Jahres 1877, dem siebten Jahrestag der Schlacht bei Wörth, sollte das „Werk eines Siegener Meisters“, so sagte der damalige Bürgermeister von Friedrich Reuschs Germania, enthüllt werden. Dies geschah im Zuge eines großen zweitägigen Festes, zu dem auch viele Menschen mit Zügen anreisten und an dessen erstem Tag ein über 1500 Mann starker Militärzug mit vielen Musikkorps durch die Straßen zog. Dann war es soweit: „Die Hülle sinkt! / Frei zeigt in vollster Schöne / Sich nun das holde Weib ‚Germania’“, wie es in einem anlässlich zur Enthüllung geschriebenen Gedicht geschrieben steht. Nun konnten alle Anwesenden das neue Denkmal in seiner ganzen Schönheit bewundern. Mit der linken Hand stützt sich die Figur zum Zeichen des Friedens auf ein Schwert (siehe Bild). Ihr rechter Fuß steht mit derselben symbolischen Bedeutung auf einem Kanonenrohr. In der rechten Hand hält sie zum Zeichen des Sieges einen Lorbeerkranz. Der Sockel, auf dem sie steht, ist noch heute geschmückt mit Tafeln, in die die zwölf Namen der Schlachten ( Des Deutsch-Dänischen Krieges Düppel und Alsen, des Preußisch-Österreichischen Kriegs Nachod, Skalitz und Königgrätz und des Deutsch-Französischen Krieges Weissenburg, Wörth, Spichern, Metz, Sedan, Orleans, Paris) und 15 Namen von Männern aus dem ganzen Umkreis Siegens, die in diesen Schlachten gefallen waren, eingraviert wurden. An jeder Ecke des Sockels stechen vier verschiedene Helme hervor. Deren genaue Bedeutung ließ sich allerdings bis heute nicht zweifelsfrei klären.

Der Aufstellungsort des Kriegerdenkmals sollte sich im Laufe der Jahre noch ändern. 1892 musste es weichen an seinen heutigen Platz am Siegener Krönchen, um einem Reiterstandbild des „Hochseligen Kaisers Wilhelm I.“ zu weichen. Diese Aktion wurde von den meisten Siegenern als unnötig empfunden. Der Grund lag zu einem Teil darin, dass die Umsetzung einen nicht geringen Geldbetrag kosten sollte. Die meisten konnten auch nicht verstehen, warum man das neue Reiterdenkmal nicht einfach an anderem Orte aufstellen ließ. Ein anderer Grund der Ablehnung war darin zu sehen, dass viele Siegener große Mühen zur Realisierung der ‚Germania’ investiert hatten und diese nun einfach nicht genug gewürdigt sahen. Im Zuge des Umzugs des Denkmals entdeckte man, dass die Kapsel, die einstmals in den Grundstein eingefügt worden war, zerstört und einige Gegenstände stark beschädigt waren, andere sogar ganz fehlten. Während die einen dies auf eine fehlerhafte Grundsteinlegung zurückführten, sahen andere „räuberische Hände“ am Werk. Letztere These jedoch ließ sich jedoch nie genauer beweisen.

Im Jahre 1975 machte man sich daran, die alte Dame einigen Schönheitskorrekturen im Zuge von Restaurierungsarbeiten zu unterziehen, sodass sie heute wieder in altem Glanze zu sehen ist. Im Gegensatz übrigens zu dem Reiterstandbild des deutschen Kaisers: Dieses wurde nach dem Ende des 2. Weltkriegs von den Alliierten eingeschmolzen.