von Sahra Homrighausen

"Zu groß für ein Hexenhäuschen, zu klein für ein Schloss!
Das sind wohl die ersten Gedanken, die man bei dem Anblick der gut 100 Jahre alten Jugendstilvilla hat. Sie ist 640 qm groß und steht in Netphen-Deuz.

Seit 1979 wohnt Herr Volker Domnisch mit seiner Frau Susanne in der Villa. „Die Villa ist schon seit eh und je in Familienbesitz“, berichtet  Herr Domnisch stolz. Rudolf Irle, der Vater von Frau Domnischs Urgroßmutter, holte als erster die Straßenbeleuchtung und das Telefon in den Ort - und so kam es auch, dass er in seinem Haus die Straßenbeleuchtung ein- und ausschaltete. Er war zu jener Zeit Besitzer des Walzenwerkes Irle, ihm wurden vier Töchter geboren. Jede seiner Töchter baute er eine Villa in Deuz. Hedwig Irle, eine seiner Töchter, bekam das Haus, das noch heute in voller Pracht Im Heiteren Tal steht. Baubeginn dieser Villa war 1904, zum Jahreswechsel 1907/1908 wurde sie fertig gestellt.

In ihrer ersten Ehe war Hedwig Irle mit einem Herrn Fischer verheiratet, in zweiter Ehe hatte sie Herrn Benno von Gumbert zum Mann. Jener stammte aus altem pommerschen Adel und war wiederum mit Herrn von Seydlitz verwandt; mannshohe Bilder in der riesigen Empfangshalle, welche mit zahlreichen Holzschnitzereien verziert ist, zeugen von jener Verwandtschaft. Große in Goldrahmen gefasste Portraits, in Öl gemalt, verzieren die Wände. Herr von Seydlitz hat sich selbst, seine Frau und seine Mutter portraitieren lassen. Diese Bilder hat er unter anderem später der Familie Gumbert vererbt.

Im Schatten dieser großen Villa steht ein kleineres Fachwerkhaus, nicht ganz 100 Jahre alt. Dies hat man kurze Zeit später als die Villa errichten lassen. Es war ein Wirtschaftshaus, in dem nicht nur das Personal wohnte, sondern zeitweise auch Stallungen für die Tiere untergebracht waren. Vor kurzem hat Herr Domnisch es wieder renoviert und bewohnbar gemacht.

Es gab Zeiten, in denen die Villa leer stand, da sie nur als Sommerhaus genutzt wurde. Aber an manchen Tagen war das Haus voller Leben, da es zeitweise auch als Unterkunft für Gäste der Firma Walzen Irle diente.

Doch was ist mit der Villa während des 2. Weltkrieges passiert? Die Antwort darauf, warum sie nicht wie so viele andere Gebäude im Siegerland zerstört wurde, ist einfach: Die US- amerikanischen Truppen sind am 31. März 1945 in Deuz eingerückt und haben diese Villa als ihr Quartier hergerichtet. „Oben im Türmchen saßen sie mit dem Fernglas, um alles zu beobachten und haben sich mit den Deutschen bekriegt!“, berichtet Herr Domnisch. Die Wetterfahne auf dem Dach ist von Einschusslöchern gezeichnet und ist stiller Augenzeuge dieser Zeit. Außerdem ist eine Kugel durch die Fensterscheibe geschlagen, und noch heute kann man sehr gut erkennen, dass sie von dem Eisengeländer im kleinen Vorflur gebremst wurde.

Nicht ganz zwei Wochen nach diesen Ereignissen sind die Amerikaner weitermarschiert.

Heute kann man noch die Überreste einer alten Steinmauer erkennen, die einst die große Parkanlage der Villa eingrenzte.

Vielleicht nehmen auch Sie sich, wenn Sie das nächste mal durch Deuz fahren, einen Augenblick Zeit und lassen sich von der 100 Jahre alten Villa beeindrucken!"